Migration im Lande: Eingewandert ins Wipptal – eine Interviewreihe

Diese Interviewreihe ist ein Schritt zum Kennenlernen von MitbürgerInnen, die aus anderen Ländern ins Wipptal gekommen sind und hier leben.

Es ist Projekt mit Unterstützung der Freiwilligen des Sozialdienstes der Bezirksgemeinschaft Wipptal. 

Wir danken all jenen, die uns an ihren Erfahrungen teilhaben lassen.

Unsere bisherige GesprächspartnerInnen:

Interview_Ian_Wells_aus_Australien.pdf (0.32 MB)

Interview_mit_Olha_Odynets_Ukraine.pdf (0.17 MB)

Interview_Mabel_Nilva_Barlassina_Argentinien.pdf (0.33 MB)

Interview_Mohamed_Laabidi_Marokko.pdf (0.22 MB)

Interview_Nahoko_Komatsu_Japan.pdf (0.28 MB)

Interview_Habib_Tunesien.pdf (0.22 MB)

Interview mit zwei Schwestern: Türkei - Wipptal

Interview am 03.09.2021 im Rahmen der Freiwilligenarbeit des Sozialdienstes Wipptal  

1.    Wie wir ins Wipptal gekommen sind.

Unser Vater war schon hier und durch Familienzusammenführung sind wir beide mit unserer Mutter mit dem Flugzeug hergekommen. Als erstes wohnten wir in Freienfeld. Dort haben wir die Grundschule besucht und unsere ersten Schritte der Integration gemacht. Die Integrationslehrerinnen haben uns sehr geholfen. Am Anfang war es uns nicht bewusst, dass wir hier in einem Land mit 2 Kulturen waren, dass es Deutsch und Italienisch gibt, ganz unterschiedliche Kulturen und dass man beide Sprachen lernen muss. 

 Türkischer Kaffee


2.    Wie wir jetzt hier sind. Wie es für uns hier ist.

Nun leben wir hier in Südtirol seit über 15 Jahren. Unsere Mutter hat über die Jahre hinweg ihre Sprachkenntnisse verbessert. Sie hat nun wenig Schwierigkeiten in der Kommunikation mit den anderen Leuten in unserer Gemeinde. Sie redet eine Mischung aus beiden Sprachen und verständigt sich mit allen gut. Früher waren wir aufgrund der sprachlichen Probleme auf die Hilfe vieler Menschen angewiesen, doch nun haben sich die Rollen getauscht. Die Hilfe, die wir in früheren Zeiten bekommen haben, geben wir nun zurück. Nun helfen wir den Nachbarn im Haus bzw. im Dorf beim Ausfüllen von Papieren oder bei den Hausaufgaben ihrer Kinder.

Südtirol ist für uns eine neue Heimat geworden. Wir haben uns an die Natur, die Kultur und die Menschen hier gewöhnt und wir fühlen uns wie ein Teil davon. 

3.    Wie wir uns unsere Zukunft vorstellen.

Ich bin die Ältere von uns und ich bin froh, dass ich in Südtirol aufgewachsen bin und eine gute Bildung bekommen konnte. Ich bin mit meinem jetzigen Beruf sehr zufrieden und plane weiterhin in Südtirol zu leben. 

Ich bin die Jüngere und studiere Medizin. Ich habe vor, genauso wie meine Schwester, mir in Südtirol eine Zukunft aufzubauen. Hier ist man zweisprachig und das gefällt mir hier. 

Wir möchten dem Land Südtirol mit unserem Wissen und unseren Kenntnissen das zurückgeben, was es uns gegeben hat, als wir es schwierig hatten. 

4.    Was aus unserer Erfahrung wichtig und hilfreich ist für ein gutes Zusammenleben.

Man kann es wie ein gegenseitiges Spiel betrachten, bei dem beide Seiten voneinander lernen und für ein gutes Zusammenleben sorgen sollen. Wir sind der Meinung, dass die Personen, die hierhergekommen sind und hier leben wollen, den ersten Schritt machen müssen: die Sprache lernen, die Mentalität der Ortsansässigen versuchen zu verstehen und sich Mühe geben, sich anzupassen und sich zu integrieren. Geben wir diesem Zusammenspiel Verständnis und vor allem Respekt hinzu, dann steht einem guten Zusammenleben nichts im Wege. Und es vergeht keine lange Zeit und man fühlt sich als „Doige“. 

Natürlich gibt es Fälle, wo Menschen in der eigenen „Wolke“ leben möchten und sich nicht getrauen, in die Welt außerhalb ihrer eigenen einen Fuß zu setzen, da sie Angst haben, dabei ihre eigene Kultur zu verlieren. Wir sind der Meinung, dass die eine nicht die andere ausschließen soll. Beide Kulturen können koexistieren. Wir, zum Beispiel, haben unsere kulturellen Werte, Bräuche, Feste, Traditionen und Muttersprache nicht aufgegeben. Wir haben gelernt zu „coesistere“, ohne dass die eine Kultur die andere ausschließt. 

 Türkischer Laden, welcher traditionelle Lebensmittel verkauft


30.09.2021

DEU